Offenheit im Lichtzelt

Petra Kellner, Professorin der Offenbacher HfG, über das Entstehen der Ausstellung „Frankfurt Light“

Lichtdusche, ein Guckkasten oder Kurbeln für Erleuchtung – die Ideen Ihrer Studenten sind vielfältig, außergewöhnlich und passend zum Auftrag sehr einleuchtend. Wie kommen diese Vorstellungen zustande?

Ziel der Ausstellung ist ja, möglichst anschaulich, attraktiv und nicht zu technisch über Licht, Beleuchtung, Ressourcen- und Energieverbrauch zu informieren. Dazu muss man erst einmal selbst richtig ins Thema einsteigen, herausfinden, wo die Probleme liegen oder um was es eigentlich wirklich geht. So haben sich nach und nach, auch in einem gemeinsamen Prozess mit dem Energiereferat, Themen herauskristallisiert, die uns wichtig waren. Die Studentinnen und Studenten haben dann jeweils eine Thematik bearbeitet und dafür gestalterische Ideen entwickelt. Studierende sind keine Dienstleister, sondern ein neugieriges, kritisches, kreatives Gegenüber. Frau Schütz und Herr Unger vom Energiereferat haben ihnen dabei einen großen Freiraum gelassen und vieles ermöglicht. So entstehen Vielfalt und auch Ungewöhnliches. Aus meiner Sicht ein sehr gelungenes Beispiel der kooperativen Zusammenarbeit einer kommunalen Einrichtung mit einer Hochschule.

Wie anders ist denn diese Zusammenarbeit im Vergleich beispielsweise zu einem Autohersteller oder einer Fluggesellschaft?

Diese Art von Projekten hat ja zum Ziel, den Studierenden einen Einblick in die Realität ihres zukünftigen beruflichen Umfeldes zu geben und zu zeigen, in welche Arbeitszusammenhänge und Entscheidungsstrukturen Design eingebunden ist und wie komplex solche Prozesse sind. Je nach Unternehmen stehen dabei neue technologische Entwicklungen oder eher marketingstrategische Überlegungen im Vordergrund. Der Focus liegt auf Produkten. Bei unserem Projekt gibt es keinen sich in einer Konkurrenzsituation befindlichen Auftraggeber und kein vorrangig ökonomisches Interesse an Design, sondern es geht um die Gestaltung von Information, um Kommunikation und Interaktion. Die Ausstellungsexponate sind auch Produkte, aber in einem anderen Sinne.

In welchem Sinn?

Ihr Wert misst sich daran, ob sie auf Resonanz stoßen, Interesse wecken, Menschen zum Nachdenken bewegen oder einen bislang nicht durchschauten Zusammenhang plötzlich transparent machen. Ich halte das für ein sehr wichtiges professionelles und auch sehr motivierendes Betätigungsfeld für Designer. Einige Absolventen der Hfg Offenbach arbeiten sehr erfolgreich im Kontext von Museen und Ausstellungen und aus diesem Umfeld wurden die Studierenden auch durch Experten unterstützt: Lara Glück und Claudia Stiefel von glueckundstiefel , Kommunikationsdesignerinnen und Ausstellungsgestalterinnen und den Lichtexperten und Designer Daniel Zerlang-Rösch / AtelierDeLuxe.

Was steht am Anfang eines solchen Projektes wie die Ausstellung des Energiereferates?

Am Anfang steht die inhaltliche Auseinandersetzung. Es ist ja nur eine kleine Ausstellung zu einem sehr großen Thema: Licht – energiesparende Beleuchtung. Umso wichtiger war, gemeinsam mit dem Energiereferat herauszuarbeiten, welche Themen behandelt werden, um auch im Kleinen das Große zu spiegeln. Der Projektgruppe war wichtig, dass es nicht nur um messbare Energieeffizienz und um den Lebenszyklus eines Leuchtmittels, seine Herstellung, Lebensdauer und Entsorgung gehen sollte, sondern auch darum, neben der wahrnehmbaren Qualität des Lichts auch für die psychischen und physiologischen Auswirkungen zu sensibilisieren. So entstand zunächst ein inhaltliches Grundkonzept für die Ausstellung, für das individuell und in großen Brainstorming-Runden Ideen entwickelt, diskutiert, verworfen oder gemeinsam weitergedacht wurden. Ein sehr intensiver und anregender Prozess, bei dem die eigentliche Substanz des Ganzen entsteht.

LichtduscheSie hatten also einen ganzen Pool von Ideen. Wie ging es weiter?

Jeder der Studierenden hat dann einen thematischen Schwerpunkt übernommen und inhaltlich und gestalterisch ausarbeitet. Dabei ging es vor allem darum, es auf den Punkt zu bringen, zuzuspitzen, nicht zu viel auf einmal zu wollen, sondern sich auf das zu konzentrieren, was rüberkommen soll.

Wie lässt sich herausfinden, ob die Botschaft auch ankommt?

Um zu überprüfen ob das, was man sich vorgestellt hat, auch funktioniert, gab es mehrere Zwischenpräsentationen – vor dem Energiereferat, bei LIGHTCYCLE oder auch beim Lichtunternehmen ERCO. Und eine „work-in- progress“-Ausstellung der einzelnen Stationen im Rahmen des jährlichen Rundgangs der HfG Offenbach. Die Gespräche mit Besuchern und Experten, Lob und Kritik, Fragen und Anregungen haben dann zur endgültigen Ausformulierung der Entwürfe geführt.

Hatten die Studierenden dabei freie Hand?

Bei einem Hochschulprojekt geht es ja in erster Linie um die Ausbildung der Studierenden und das Ziel ist, dass sie eigenverantwortlich und mit ihren eigenen Ideen den gesamten Designprozess durchlaufen: Sie haben recherchiert, gezeichnet, kleine und große Vormodelle gebaut und letztlich auch den Bau des Ausstellungsexponats selbst übernommen beziehungsweise die Fremdleistungen organisiert. Damit dass kein Sprung ins kalte Wasser wird, haben sie das natürlich nicht im Alleingang getan, sondern in Abstimmung und mit Unterstützung der flankierenden Experten und mir.

Und was war die besondere Herausforderung der Arbeit für das Energiereferat?

Da es sich bei diesem Projekt nicht nur um einzelne, voneinander unabhängige Entwürfe handelt, sondern alles auch als Ganzes zusammenpassen muss, war es mindestens genauso herausfordernd und wichtig, dass sich die Studierenden als Teil eines Teams verstehen und auch für das Gemeinsame Verantwortung übernehmen. Dieses Wechselspiel aus individueller und gemeinsamer Arbeit ist gar nicht so einfach, aber eine sehr wichtige Erfahrung, der man auch Raum geben muss. Mit allen Höhen und Tiefen.

Wünschen Sie sich für Ihre Studierenden öfter Kooperationen dieser Art?

Wir machen an der HfG Offenbach ja viele und auch sehr unterschiedliche Kooperationsprojekte – jedes hat seine Besonderheiten und eine eigene Qualität. Was ich allerdings bei diesem Projekt mit dem Energiereferat der Stadt Frankfurt – einer kommunalen Einrichtung, die auch nicht nur unabhängig agieren kann –  als so Besonders empfunden habe, war die Offenheit und auch die Wertschätzung , die den Ideen der Studierenden entgegengebracht wurde.

Wie machte sich diese Offenheit bemerkbar?

Um nur ein kleines Beispiel zu nennen: Ganz am Anfang sagte eine Studentin, dass eine Ausstellung zum Thema Licht eigentlich eher im Dunklen stattfinden sollte und am besten nur abends, wenn man in seinem Tagesrhythmus sowieso auf das Thema Beleuchtung, Kunstlicht eingestellt ist. Die erste pragmatische Reaktion war, dass das aus verschiedenen, auch nachvollziehbaren Gründen nicht ginge. Aber trotzdem wurde gemeinsam weiterüberlegt, wie man an den eigentlich richtigen Gedanken anknüpfen kann. So kam es zur Idee, die Ausstellung in einem Lichtzelt zu zeigen. Einem dunklen Raum, der nur durch die Installationen und Exponate erleuchtet wird. Das, was jetzt so selbstverständlich erscheint, wäre eigentlich gar nicht möglich gewesen.

Die Ausstellung ist vom 25.09. bis 04.10. jeweils vom 12 bis 18 Uhr an der Hauptwache in Frankfurt zu sehen.

Vom 27.11. bis 18.12. wird die Ausstellung in der Stadtbücherei, Hasengasse 4, zu den Öffnungszeiten der Bücherei gezeigt.

 

 

Vita: Petra Kellner wurde 1953 in Fulda geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie von 1973 bis 1978 ein Designstudium, zunächst an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, dann an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) brachte sie anschließend für ein Jahr nach Rio de Janeiro. Von 1983 bis -85 war sie im Gründungsteam eines Instituts für Produktentwicklung in Südbrasilien, anschließend folgte eine mehrjährige Tätigkeit als Designerin in der Produktentwicklung Roericht in Ulm und Berlin.
Seit 1991 ist sie Professorin für gestalterische Grundlagen und Entwurf an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Sie ist überdies Mitbegründerin der Internationalen Projektplattform Offenbach für interkulturelle Designprojekte.

Mit einer Projektgruppe der HfG Offenbach entwickelt und realisiert sie in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Rhein-Main und den beteiligten Kommunen seit 2010 Konzepte und Entwürfe für Stationen einer Klimaroute entlang des Mains.

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