Mit der KLIMAtour hinter die Kulissen moderner Architektur
Ende Mai kamen rund 15 Besucher in den Genuss einer KLIMAtour durch Frankfurt. Susanne Petry, Spezialistin für Nachhaltigkeit im Bauwesen, führte die Gruppe durch die Frankfurter Innenstadt und erzählte den Teilnehmenden dabei interessante Fakten aus den Bereichen Klimaschutz und Architektur. Näher unter die Lupe nehmen konnten die Besucher das Blockheizkraftwerk im Palmengarten, das Gebäude der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Zentrale des Caritasverbandes und die Ludwig-Börne-Schule. Darüber hinaus wurde an verschiedenen Stellen auf weitere Projekte hingewiesen, die ebenfalls im Rahmen dieser städtischen Veranstaltung besichtigt werden können.
Los ging es bei strahlendem Sonnenschein in den Palmengarten. Nach Begrüßung der Gäste gab Frau Petry eine kurze Einführung in die strategische Ausrichtung der städtischen Klimaschutzbemühungen. So konnten die Teilnehmer beispielsweise erfahren, dass die Stadt Frankfurt wegen ihrer vielen Vorzeigeprojekte als „Hauptstadt der Passivhäuser“ gilt. Außerdem wurden sie über den aktuellen Stand der Bewerbung Frankfurts für den „European Green Capital“ Award im Jahre 2014 informiert. „Die Stadt Frankfurt hat es von 19 Bewerbern unter die letzten drei geschafft und wartet nun auf die Verkündung des Siegers im Juni. Das ist schon ein erster Erfolg, da die Konkurrenz sehr stark ist“, so Frau Petry.
Das erste Ziel führte die Gruppe in das Blockheizkraftwerk im Palmengarten. Vor Ort waren Vertreter des Betreibers „Mainova“, die vieles über die Vor- und Nachteile der Kraft-Wärme-Kopplung berichteten. Begleitet durch die Fachmänner ging es hinab in den Keller, vorbei an vielen Schildern, die auf Lärm, Hochspannung und andere Gefahren hinweisen, bis in das Innerste, den Technikraum der Anlage. Die vielen Schalt- und Anzeigeelemente deuteten auf einen komplizierten Arbeitsplatz hin und verliehen dem Raum den Charme eines Raumfahrt-Kontrollzentrums. Überraschung stellte sich ein, als die Teilnehmer erfuhren, dass „alles automatisch abläuft, da die Überwachung und Regelung dezentral erfolgt“. Die installierte Anlage ist modular aufgebaut und nimmt „wärmegeführt“ je nach Bedarf ihren Betrieb auf oder sie schaltet sich ab. Zudem verfügt sie über einen Speicher, der im Falle einer Störung für einige Stunden einen Notbetrieb ermöglicht. So muss sich nur alle paar Tage ein Serviceteam um die technische Wartung kümmern.
Beeindruckt waren die Teilnehmer auch von den Dimensionen der Anlage und der Leitungssysteme, die ein gutes Gefühl für den immensen Strom- und Wärmebedarf des Palmengartens vermitteln konnten. Nach der gelungenen Einführung in die technischen Grundlagen war das allgemeine Interesse geweckt und viele Fragen kamen auf. Glücklicherweise waren gleich drei Mitarbeiter da, die ausführlich Auskunft über Themen wie Zuverlässigkeit, Anwenderfreundlichkeit und finanzielle Aspekte gaben.
Die zweite Etappe führte zu dem noch jungen Bauwerk (Bauzeit 2006 – 2010) der KfW. Die Bankengruppe hat einen sehr hohen Anspruch im Bereich des Klimaschutzes, da sie als Förder- und Umweltbank eine Vorbildfunktion innehat. Der als „Westarkade“ bekannte Tower gehört zu den energieeffizientesten Bürohäusern weltweit und zeichnet sich besonders durch seine innovative Außenhülle aus, die ein wichtiger Unterstützer der Heiz- und Kühlanlage ist. „Das engagierte Ziel, langfristig CO2-neutral zu werden, wird aber erst durch das umfassende Klimaschutz-Gesamtkonzept möglich“, erklärt Frau Petry. Dazu gehören effiziente Technologien, wie beispielsweise das zuvor besichtigte Blockheizkraftwerk , eine klimafreundliche Architektur, besonders aber auch ein besonnener Umgang mit den Ressourcen seitens der Konsumenten. Die kfW Bankengruppe hat daher jeweils für jeden Geschäftsbereich einen Nachhaltigkeitsbeauftragten, der die Umsetzung der bereichsspezifischen Nachhaltigkeitsrichtlinien im Unternehmen unterstützt. Die Erläuterungen zu den umfangreichen Bemühungen weckten bei den Teilnehmern die Erkenntnis, dass ein erfolgreicher Umwelt- und Klimaschutz ein sehr anspruchsvoller Prozess ist, der jedoch viel Raum für kreative Lösungen mit sich bringt, wie das vielfach preisgekrönte KfW-Gebäude beweist.
Nach einem kurzen Spaziergang bei strahlender Sonne, erreichte die Gruppe mit dem Neubaugebäude der Caritas Frankfurt ihre dritte Station auf der Tour. Frau Petry führte sie in einen großen Innenhof und die Teilnehmer freuten sich über den dortigen Schatten und die angenehme Ruhe. Einige Handwerker montierten gerade Spielgeräte und so wurde die Aufmerksamkeit auf einen Kinderhort gelenkt, der überraschenderweise im gleichen Gebäudekomplex untergebracht ist. Auch der mittelalterliche anmutende und mit dem gegenüberliegenden Gebäudeteil verbundene Treppenturm ließ sich nur schwer mit der Erwartung eines in passivbauweise gestalteten Verwaltungsgebäude in Einklang bringen.
Andreas Schling von der Architektengruppe GHP stoß zu der Gruppe dazu und begann das Geheimnis zu lüften: Nur der neuste Abschnitt des Ensembles erfüllt den Passivhausstandard, führt Herr Schling an, gleichzeitig ist er ein Teil eines besonderen Konzepts, das bis dato nur die wenigsten KLIMAtour-Teilnehmer kannten. Der gesamte Caritas-Komplex wurde nach dem so genannten Lebenshaus-Stil entworfen und soll sich zu einer zentralen Einrichtung im Quartier entwickeln. Neben der Geschäftsstelle des Verbandes befinden sich auf den rund 3000 Quadratmetern Gesamtfläche die erwähnte Kindertagesstätte und ein integrierter Pflegebereich, um so generationsübergreifendes Wohnen zu ermöglichen. Mit seinen 42 bis 150 Quadratmeter großen Appartements bietet das Lebenshaus gleichermaßen Wohnraum im Sozial-, Familien- und Luxusbereich und darüber hinaus im Hort sowie der Pflegestation rund 90 betreute Plätze für Kinder und Senioren. Viele Begegnungsstätten, wie beispielsweise eine Cafeteria, ermöglichen, dass sich jung und alt, arm und reich mit Singles und Familien austauschen können. Nicht nur für uns klang das Konzept überzeugend, denn für die Zahl an verfügbaren Plätzen gab es ein Vielfaches an Bewerbern, wie Herr Schling erzählte.
Nachdem die vielen Fragen beantwortet waren, durften die Teilnehmer ausnahmsweise durch das Gebäude laufen, auch wenn der Architekten lieber noch warten würde, bis sich in einigen Wochen alles mit Leben gefüllt hat. Das Klima im Inneren war trotz der frühsommerlichen Hitze sehr angenehm, da hier eine moderne Anlage den Luftaustausch übernommen hat. Die Effizienz der Heiztechnik wird deutlich davon mitbestimmt, ob die neuen Nutzer sich daran gewöhnen lassen, Fenster und Türen nur möglichst kurz zu öffnen, erklärte der Architekt. Die Einsparungen werden durch die extrem gute Isolierung, den Einsatz einer Geothermie-Anlage und einer Regenwasser-Zisterne erreicht. Die extrem lange Planungs- und Bauzeit von über zehn Jahren ist übrigens dafür verantwortlich, dass je nach Realisierungsphase unterschiedliche baurechtliche Bestimmungen sowie technische Mittel zur Verfügung standen – wodurch sich die unterschiedlichen Energiestandards der Gebäudeteile erklären.
Bei der Tour durch das Gebäude erfuhren die Teilnehmer, dass es neben den bereits bekannten Einrichtungen noch eine Kapelle und verschiedene Tagungsräume gibt, in denen Raum für nachbarschaftliche Begegnungen, und kulturelle Angebote aller Art geboten wird. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kreisten die Gedanken etlicher Teilnehmer wegen der gebotenen Wohnqualität um eine mögliche Bewerbung…
Zuletzt wurde die Ludwig-Börne-Schule besichtigt, die wegen ihrer Sanierung und Erweiterung ebenfalls in den Genuss der Passivhaustechnik gekommen ist. Die Haupt- und Realschule wurde nach einem Teilabriss und einer Kernsanierung durch einen Neubau ergänzt, der wie der sanierte Gebäudeteil dem energetischen Stand des Passivhauses entspricht. Man merkte den Klassenzimmern wie auch den anderen Räumen deutlich an, dass sich die Gestaltung an den Bedürfnissen der Schüler und Lehrer orientiert hat. So sind beispielsweise etliche Wandelemente aus schallschluckenden Materialien gebaut und die Räume sind farblich modern und freundlich aufeinander abgestimmt.
Auch das Raumklima überzeugt wie schon im Gebäude der Caritas mit einer guten Luftqualität, die sich nicht nur an heißen Tagen förderlich auf die Konzentration der Schüler auswirkt. Die Truppe hatte die Möglichkeit, nach und nach alle Teile des Gebäudes zu besuchen und befand die Architektur für äußerst gelungen. Mit dem Gedanken, noch einmal die Schulbank zu drücken, wollten sich allerdings die wenigsten anfreunden und so fiel den KLIMAtourteilnehmern die Entscheidung leicht, den schönen und informativen Nachmittag in einer Äppelwoikneipe ausklingen zu lassen.
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